Habliks Notgeldscheine im Geschichtsunterricht
Ein Mann ist unterwegs in der freien Natur und verspürt einen Drang. Keine Toilette weit und breit – nur Wiesen und Felder. Wenn man muss, dann muss man, denkt er sich. Not kennt kein Gebot. Diese intim-peinliche, aber halt auch natürlich-menschliche Notsituation hat Wenzel Hablik bei der Gestaltung eines Notgeldscheines der Stadt Itzehoe verarbeitet und damit in den Zusammenhang der sozialen und wirtschaftlichen Krise nach dem Ersten Weltkrieg gestellt.
Der kriegsbedingte Metallbedarf führte dazu, dass immer weniger Münzen, deren Metallwert bald den Nennwert überstieg, in Umlauf kamen. Kreise und Kommunen behalfen sich mit eigenem Notgelddruck. Für den Kreis Steinburg gestaltete Wenzel Hablik im Herbst 1918 eine Serie Scheine (1-, 2-, 5-, 10-, 20-, und 50-Mark-Schein), die bis auf ein in der Erde steckendes Schwert, auf dem eine Friedenstaube thront, sowie (neu erwachsende) Blumen und Pflanzen keine bildlichen Elemente aufweisen. Es überwiegt hier das ornamentale Spiel mit Variationen der Zahlenziffern.
Anders dagegen Habliks herausragende und häufig zitierte Reihe von 1921 (25 Pf., 50 Pf., 75 Pf., 1 Mk.). Die Vorderseite ziert eine Aufsicht auf die Itzehoer Neustadt mit Störschleife, durch die (fiskale) Ebbe strömt, ein eierlegender Hahn oder der besagte kotende Mann. Auf den Rückseiten hat Hablik die Preise von Gütern 1913 und 1921 im Vergleich aufgeführt. Hieran lässt sich das Ausmaß der Inflation gut erkennen.
Die beiden Scheine von 1923 zeigen die Verzweiflung in der Phase der Hyperinflation: Menschen bitten und flehen am Boden zwischen den Ziffern der 1 Million. Gibt es Hoffnung? Ein tränendes Auge bricht strahlend durch die Wolkendecke und in der Ferne schwebt, wie eine Himmelsstadt, das Wappen Itzehoes. Auf dem 5-Millionen-Schein steuert eine verzweifelte Schiffsmannschaft durch tosende Wellen. Ruder brechen und zu allem Unglück brennt es auch noch an Deck. Hablik ruft auf zur Besonnenheit und in den Ecken des Geldscheins zeigen Situationen aufbauender Arbeit einen Ausweg.