Furioses Erzähltheater

„Er liebt mich, er liebt mich nicht,… er liebt mich!“ Freudig und ängstlich zugleich zupft Karoline Holm als Gretchen die Blütenblätter vom fiktiven Gänseblümchen. Die Schülerin aus dem 12. Jahrgang der Kaiser-Karl-Schule assistierte Steffen Schlösser wie einige andere Besucher bei seiner Ein-Mann-Inszenierung von Goethes Faust im Itzehoer Theater. In einem furiosen einstündigen Durchlauf prä­sentierte der Schauspieler des Mecklenburgischen Landestheaters Parchim das meist gespielte deut­sche Stück als Erzähltheater. Er hüpft als Mephisto auf den Tisch, antwortet sich selbst mit verän­der­ter Stimme als Faust oder Gretchen und bindet die Zuschauer mit ein, wenn er für eine Fechtszene oder einen Spaziergang ein Gegenüber braucht. Für die raffenden Teile, in denen er den Fortgang des Geschehens erzählend weiterführt, aktiviert er die Zitat- und Kontextkenntnisse der Besucher, die ihm chorisch antworten, lautmalerisch die Winteranteile beim Osterspaziergang verkörpern oder gar mit Kreide ein Pentagramm aufmalen.

In einer szenischen Nachbereitung befassten sich die Schülerinnen und Schüler des Geschichtsprofils (12gges) der KKS vertiefend mit dem Fauststoff.

Eine derartig mitreißende Darbietung hatte keiner der zahlreichen Zwölftklässler erwartet, die die Studioaufführung besuchten. Entsprechend einhellig begeistert äußerten sich die Schülerinnen und Schüler in der Nachbesprechung mit Theaterpädagogin Britta Schramm. Von „das hat einen vom ersten Moment an gefesselt“ über „die Einbindung des Publikums war toll“ und „das war mal komplett anders“ bis zu „da haben wir was richtig Gutes gesehen“ reichte das  Spektrum der Kommentare.

In einem sich anschließenden Workshop zum szenischen Spiel montierten die Schülerinnen und Schüler des Geschichtsprofils der KKS (12gges) Auszüge aus Goethes Original mit modernen  Jugend­stückbearbeitungen und trugen sich die Ergebnisse gegenseitig vor. Damit vertieften sie die Schlüs­selszenen und konfrontierten sie zugleich mit modernen Annäherungen an einen historischen Stoff, der nichts an Aktualität eingebüßt hat. Die Kaiser-Karl-Schule bindet das theaterpädagogische An­gebot zu ausgewählten Aufführungen regelmäßig in den Unterricht ein und verknüpfte den Faust-Besuch mit dem Abiturthema „Goethes Lyrik“, das im 1. Halbjahr des 12. Jahrgangs vorbereitet wird. 

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