Geschichte zum Anfassen

Geschichte zum Anfassen - der Widerstand und die Folgen

Itzehoe – „Es hat lange gedauert, bis ich es als meine Aufgabe angesehen habe, das Lebensopfer des Vaters weiterzutragen und Jugendlichen zu vermitteln,“ bekannte Dr. Karsten Hansen im Gespräch mit Abiturienten der Kaiser-Karl-Schule (KKS). Sie hatten ihn als Zeitzeugen für den militärischen Widerstand im Nationalsozialismus eingeladen. Die 20 Schülerinnen und Schüler aus der 13n hörten dem Münsterdorfer gespannt zu, als er von den Erlebnissen mit seinem Vater berichtete. Dieser hatte als Chef des Spionageabwehrdienstes Stauffenbergs Attentat des 20. Juli 1944 gegen Hitler unterstützt und wurde im September 1944 im Zuchthaus Plötzensee hingerichtet. Georg Alexander Hansens Sohn Karsten war sechs Jahre alt, als er den Vater das letzte Mal sah. Nach der gescheiterten Verschwörung wurde er mit seinen vier Geschwistern von der SS in ein Umerziehungslager nach Bad Sachsa gebracht. Sie seien lange als „Verräterkinder“ geschmäht worden, berichtete Hansen. Noch 1961 habe ihm im Medizinstudium ein Professor vorgehalten, der Krieg hätte gewonnen werden können, „wenn es Ihren Vater und die anderen nicht gegeben hätte.“ Als junger Mensch habe er vor allem versucht, nicht aufzufallen, er wollte „zu allen gehören“, erklärte Hansen den Schülern. Danach hätten ihn sein Beruf als Urologe - seit 1973 mit Praxis in Itzehoe - und die eigene Familie voll ausgefüllt. Erst nach der Wiedervereinigung und nach Besuchen am ehemaligen Wohnort der Familie in Rangsdorf bei Berlin habe er sich mit den Ereignissen detaillierter beschäftigt und auch im Gespräch mit Historikern aufgearbeitet. Mittlerweile hat der Sender RBB eine Fernsehdokumentation ausgestrahlt, und verschiedene Medien haben Zeitzeugeninterviews mit Karsten Hansen und auch seinen Geschwistern veröffentlicht, um die Widerstandstätigkeit des Vaters zu würdigen. Hermann Schwichtenberg vom Münsterdorfer Arbeitskreis Geschichte, der Hansen in die KKS begleitete, hat seine Gesprächsaufzeichnungen mit Hansen im Internet erfasst: www.ortsgeschichte.info.

„Soviel konzentrierte Aufmerksamkeit und Interesse hat mich nun doch erstaunt,“ freute sich Hansen nach dem Gespräch über die rege Auseinandersetzung mit den Schülern, die auch wissen wollten, wann er jeweils Einzelheiten erfahren hat und wie es ihm damit ergangen ist. Hansen gab ihnen abschließend die Lebensregeln des Schriftstellers Erich Kästner mit auf den Weg, die ihm sehr viel bedeuten: Es sei wichtig, dass man seine Kindheit mit sich trage, dass man sich Vorbilder schaffe und dass man auf sein Gewissen höre.

Dr. Karsten Hansen steht als Zeitzeuge zur Verfügung und würde sich auch über Einladungen anderer Schulklassen freuen: duk.hansen@gmx.de

(Text und Fotos von Gabriele Knoop, siehe auch Norddeutsche Rundschau vom 1.2.2012)

v.li.; Herr Schwichtenberg, Herr Hansen, Marit Scharrmann (13n), Elisabeth Andersen(13n), Paula Boskamp (13n)

v. li.: Ingo Beckers (13n), Lea Hennings, Herrmann Schwichtenberg, Karsten Hansen, Marit Scharrmann (13n), Elisabeth Andersen (13n), Paula Boskamp (13n).

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