Die Mauer ist weg.

Nach mehr als 100 Jahren hat die Barriere zwischen der Klosterhof-Schule und der KKS ein Loch.

Der Bürgermeister spricht vom Fall der Berliner Mauer. Der Bürgervorsteher bringt gar die chinesische Mauer ins Spiel. Kein Vergleich ist zu groß an diesem Tag. Denn: Die Mauer in Itzehoe ist weg. Zwischen der Kaiser-Karl-Schule (KKS) und der Klosterhof-Schule gibt es bald einen sechs Meter breiten Durchgang.

„Auf dieses Loch in der Mauer haben viele lange gewartet, viele haben lange darauf hingearbeitet“, sagt Koeppen. 1882, diese Jahreszahl prangt an der Klosterhof-Schule, ehemals Knabenbürgerschule. Etwa um diese Zeit, so hat es das Kreis- und Stadtarchiv ermittelt, müsse auch die Mauer zur KKS, damals Realgymnasium, gebaut worden sein, denn so seien Schulgrundstücke oft eingefriedet worden. „Die inhaltliche Abgrenzung hat sich im Laufe der Jahre entwickelt“, so Koeppen. 

Zum Ende der 1980er Jahre versuchten die Schülervertretungen beider Schulen, das zu ändern. Mit dem Slogan „Die Mauer muss weg“ gab es zum Beispiel Flugblätter, „wir haben es relativ groß aufgezogen für unsere Verhältnisse“, sagt der Itzehoer Lars Bessel, damals Schülersprecher der KKS. Gerd Freiwald, früher Lehrer, heute Leiter der Klosterhof-Schule, hielt zu den Schülern, aber: „Die Sache verlief im Sande.“ Als entscheidender Grund sei die Sorge um die Lehrer-Parkplätze der KKS genannt worden, sagt Bessel.

Doch die Diskussion kam immer wieder, und das zu Recht, wie Freiwald findet: „Die Mauer ist anachronistisch.“ Seit aus der Hauptschule die Gemeinschaftsschule Klosterhof-Schule wurde, habe sich in den Köpfen etwas bewegt, auch die Schulleitungen seien sich näher gekommen: „Über die Beziehungsebene ist sehr viel mehr zu erreichen, als wenn an das politisch anordnet“, sagt Freiwald, der nebenbei den früheren Schulausschuss-Vorsitzenden Jürgen Stahmer (SPD) als „Opa des Abrisses“ begrüßt. Beide Schulen schlossen einen Kooperationsvertrag, der immer mehr mit Leben erfüllt werde durch gegenseitige Teilnahme am Betrieb der Ganztagsschule oder den Wechsel von Gemeinschaftsschülern in die KKS-Oberstufe. 

Im Mai sprachen sich beide Schulleitungen gemeinsam für den „symbolischen Akt des Mauerdurchbruchs“ aus.
Jetzt stehen die Protagonisten vor einer gut sechs Meter großen Lücke. Noch vor dem Winter soll eine Treppe angelegt werden, die gleichzeitig mit Sitzstufen den Pausenhof der Klosterhof-Schule attraktiver macht. Profitieren werden auch die Klosterhof-Schüler, die die KKS-Mensa nutzen: „Der Weg verkürzt sich um knapp 40 Sekunden“, so Freiwald. 

Entscheidend sei der „echte Paradigmenwechsel“, sagt sein KKS-Kollege Hartmut Blank und verändert für den historischen Moment einen Zitat-
Klassiker: „Es wächst zusammen, was schon lange zusammengehört, aber bisher nicht so recht zusammengefunden hat.“ 

Dass der Abriss nun endlich passiert sei, unterstreiche den Perspektivwechsel, freut sich der Bürgermeister: „Es zeigt, dass unsere Gesellschaft offen sein soll. Ein starkes Symbol für unsere Stadt.“ Und auch Ex-Schülersprecher Bessel freut sich: „Dass mit über 25 Jahren Verspätung die Forderung doch noch in die Realität umgesetzt wird, finde ich richtig toll.“ 

aus: NORDDEUTSCHE RUNDSCHAU vom 11.11.2015, Lars Ehrich

 

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