Bürgerschaft erhält ihre KKS: Die 'Städtische Evangelische Realschule' in Itzehoe nimmt am 18.4. ihren Betrieb auf. Nachdem die Finanzierung endlich geklärt ist, kann die seit längerem von der Itzehoer Bürgerschaft angestrebte höhere Schule mit 58 Schülern und drei Lehrern den Lernbetrieb aufnehmen. Den Bürgern war es wichtig, kein Gymnasium mit alten Sprachen zu schaffen, sondern Kenntnisse in Englisch, in Mathe und den Realien, d. h. den naturwissenschaftlichen Sachfächern, im Lehrprogramm zu haben.
Bildquelle: Bild von Shadowxfox - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,
Der Frieden von Prag am 23. August 1866 besiegelte das Ende des seit 1815 bestehenden Deutschen Bundes[..]. Die Verlierer mussten all ihre Rechte an Schleswig-Holstein auf Preußen übertragen. Am 17. Januar 1867 schließlich erfolgte die Annexion.
Die Zeit ab 1867 brachte dem Land [..] tiefgreifende Veränderungen. In der neuen preußischen Provinz vollzogen sich verschiedene, zeitgleich ablaufende Entwicklungen, die in vielfältiger Wechselwirkung zueinander standen. [..] In einem Strudel von Veränderungen wurde die gesamte bestehende Verwaltungsstruktur, das Rechts-, Steuer- und Finanzsystem sowie das Post- und Telegraphenwesen radikal erneuert. In nur wenigen Jahren entstand aus einer Vielfalt von Verwaltungs- und Rechtsformen in Schleswig-Holstein ein einheitliches, klar gegliedertes modernes Verwaltungssystem. Für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes bedeutsam wurde die mit dem Anschluß an den preußischen Staat einhergehende Angliederung an den Zollverein, die Einführung der Gewerbefreiheit und einer neuen Währung. Die Bevölkerung vermochte sich nicht so rasch umzustellen. Antipathien gegen den agilen, Unruhe schaffenden, zentralistisch geordneten preußischen Staat bestanden trotz der Einblicke in die Notwendigkeit vieler reformerischer Maßnahmen. Man fürchtete, vereinnahmt und prussiviziert zu werden sowie landestypische Eigenheiten aufgeben zu müssen.
Quelle: Itzehoe, Geschichte einer Stadt in Schleswig-Holstein 2, von 1814 bis zur Gegenwart, 1991, S. 113
Architekt Otzen entwirft Neubau.Johannes Otzen, der sich auch für den Zwiebelturm der Laurentti-Kirche verantwortlich zeigt, entwirft den Backsteinneubau mit dem markanten – von Greifen und Musen gekrönten - Mittelrisalit. Einmal mehr zeigt sich in dem renaissanceartigen Ensemble die Vorliebe des Architekten für Stile des Mittelalters und italienische Kirchenfassaden.
Überwältigender Wahlsieg der nationalen Front für Deutschland sorgt für Unterrichtsausfall auf Anordnung des Reichskommissars für die preußische Unterrichtsverwaltung. Die 'Anstalt', wie die KKS in offiziellen Schriftstücken heißt, bleibt 1933 äußerlich, was sie schon vorher war: 'Staatliches Reform-Realgymnasium mit Ober-Realschule'. Dem Kollegium der KKS gehören 25 Lehrkräfte an, die 395 Schüler in 16 Klassen unterrichten. Im März 1933 machen 23 Schüler ihr Abitur.
Nationalsozialistisches Regime verändert das Schulleben. Mehr dazu gibt es hier.
Mit der Hinzunahme weiterer Fächer wie Latein versuchen Magistrat und Bürgerschaft die Attraktivität der KKS in wirtschaftlich schwieriger Zeit zu erhöhen, da seit einiger Zeit die Schülerzahlen rückläufig sind. Zudem hemmt die preußische Bürokratie aus Angst vor der 'Überfüllung akademischer Karrieren' 'eine allzu große Bildungsbeteligung.'
Quelle : Von Ziegelbrenner - own drawing/Source of Information: Putzger – Historischer Weltatlas, 89. Auflage, 1965; Westermanns Großer Atlas zur Weltgeschichte, 1969; Haacks geographischer Atlas. VEB Hermann Haack Geographisch-Kartographische Anstalt, Gotha/Leipzig, 1. Auflage, 1979; dtv-Atlas zur Weltgeschichte Band 1: Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution; 23. Aufl. 1989, ISBN 3-423-03002-X, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=33150558
Der Deutsch-Französische Krieg ist siegreich beendet. 'Friede. 10. Mai 1871' steht auf dem Stein, der mit der 'Friedenseiche' vor der St. Laurentii-Kirche noch heute an den Friedensschluss erinnert. 20 Itzehoer kostet der Krieg das Leben. Ihrer ehrend gedacht wird mit dem 1890 am Rande der Malzmüllerwiesen errichteten imposanten Kaiser- und Krieger-Denkmal. Es fällt im Zweiten Weltkrieg der 'Metallspende' zum Opfer - 'zur Einschmelzung und Neuproduktion der für die Branche typischen Erzeugnisse' (wie Stadtarchivar Friedrich Priewe süffisant formuliert) (Auszug aus dem Artikel 'Dunkle Zeiten und neue Stadtteile, NORDDEUTSCHE RUNDSCHAU vom 7.1.2011, Heinz Longerich.
Die Reichsgründung, der gewonnene deutsch-französische Krieg und die daraus resultierenden Reparationszahlungen Frankreichs führten zu einer Überhitzung der Konjunktur, die in einem Börsenkrach endete. Die sich anschließende Gründerkrise, die „Große Depression“, hielt bis in die 1990er-Jahre an und war gekennzeichnet durch verlangsamtes Wachstum und Deflation.
Einzigartig ist das Jahr 1881. Vom 13. bis 16. September herrscht Ausnahmezustand. Per Sonderzug kommt Kaiser Wilhelm I. auf Manöverbesuch, mit ihm, was in Preußen Rang und Namen hat. Hohe, höchste und allerhöchste Herrschaften bevölkern die Stadt, die der Monarch auf einer 'via triumphales' durch ein Spalier begeisterter Itzehoer durchfährt. 'Jubelnd rufen wir Dir zu. Nicht von Sorge mehr beklommen: Deutschlands größter Kaiser Du - König Wilhelm, sei willkommen', heißt es auf einem der zahlreichen Transparente. Ein standesgemäßes Quartier nimmt der Monarch auf dem Westerhof bei Geheimrat de Vos. Der Gastgeber darf später seinem Namen ein schmückendes 'von' voranstellen. (Auszug aus dem Artikel 'Dunkle Zeiten und neue Stadtteile, NORDDEUTSCHE RUNDSCHAU vom 7.1.2011, Heinz Longerich.
Bild von https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AKaiser_Wilhelm_II_of_Germany_-_1902.jpg
Ausbruch des 1. Weltkrieges am 28.7.1914
In dieser großen Zeit zeigt sich die Begeisterung der entsprechend erzogenen Jugend. Auch KKS-Schüler hält es nicht mehr auf den Bänken.
Foto vom Kriegsausbruch http://www.weltkrieg.husfeld-online.de/1914.jpg
Gliederung des deutschen Aufsatzes in lateinischer Ausgangsschrift:
(Name) Der Krieg eine Quelle des Elends und des Segens
Plan
A.Einl: Der gegenwärtige Krieg hat überall Elend hervor gebracht.
B. Ausf.
I. Der Krieg ist eine Quelle des Elends
a. in materieller Beziehung
b. in geistiger Beziehung
II. Der Krieg ist eine Quelle des Segens
a. in materieller Beziehung
b. in geistiger Beziehung
C. Schluß. Der gegenwärtige Krieg läßt einen siegreichen Frieden erhoffen
Im Ersten Weltkrieg gab es das Notabitur im kaiserlichen Deutschen Reich ab August 1914. Angesichts der Kriegsbegeisterung, die viele Jugendliche erfasste und für die der Ausdruck Augusterlebnis geprägt wurde, konnten Oberprimaner (13. Klasse) vorzeitig das Abitur ablegen, um dann freiwillig ins Heer einzutreten. Weiterhin gab es Fälle von Notreifeprüfungen für Freiwillige aus den Klassen 10 bis 13. Daneben gab es Kriegs-Notreifeprüfungen für bereits ins Heer eingetretene Oberprimaner, die hierzu von der Truppe beurlaubt worden waren. Auch einige wenige Schüler, die zum Beispiel wegen Untauglichkeit nicht in das Heer eintraten, konnten das Notabitur ablegen, da seit Kriegsbeginn nur wenige Schüler verblieben, viele Lehrer an der Front waren und deshalb der reguläre Unterricht nicht fortgeführt werden konnte.
Seite „Notabitur“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. Januar 2016, 23:12 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Notabitur&oldid=150691627 (Abgerufen: 10. April 2016, 09:16 UTC)
Quelle der Abiturarbeit: Archiv der Kaiser-Karl-Schule
Quelle: Itzehoe, Geschichte einer Stadt in Schleswig-Holstein 2, von 1814 bis zur Gegenwart, 1991, S. 114; Bild größer anzeigen
Schüler verschicken für Soldaten ohne Familien "Liebesgaben" an die Front. Sie sammeln Altpapier, Brennnesseln und Bucheckern. Wer ist schuld? "Gott strafe England!" ruft der Direktor während der Freiübungen auf dem Schulhof. "Er strafe es!", erwidern die Schüler. Vier Lehrer und 18 Schüler fallen im Krieg.
Hintergrundinformationen für das Jahr 1917:
Hungerwinter 16/17 - Verschärfung des U-Boot-Kriegs und Kriegseintritt der Vereinigten Staaten - Revolution in Russland - Die Westfront 1917: Deutschland in der Defensive
Deutschlands furchtbare Niederlage stellt auch den Erzieher vor eine schwere Probe der Einsicht. Erlass des Volksbildungsministeriums von Preußen: "Wo bisher der Geschichtsunterricht dazu missbraucht wurde, Volksverhetzung zu betreiben, hat solches in Zukunft zu unterbleiben." Die Opfer der Jugend im Krieg sollen mit Teilhabe an der neuen Freiheit und Selbstbestimmung belohnt werden. Die Eltern sind gegen die Einrichtung der „Schulgemeinde“ und des "Schülerrats" mit parlamentarischer Aufmachung durch unreife Knaben. Die Aufsatzthemen dieser Zeit: "Wo viel Freiheit ist, ist viel Irrtum" oder "Der Mensch ist nicht geboren, frei zu sein"
Regelmäßig stören Mitglieder der HJ und des NS-Schülerbunds die unter Schwarz-Rot-Gold stattfindenden Verfassungsfeiern. Während die Lehrerschaft im Kaiserreich treu den militarisierten Obrigkeitsstaat vertrat, stemmt sich der Großteil des Kollegiums der Weimarer Republik gegen die nationalsozialistische Begeisterung der Schülerschaft. Erst mit der Machtübernahme scheint sich auch für die Lehrerschaft durch Anknüpfung an die idealisierte Aufbruchsstimmung der Jugend von 1914 eine Art Kreis zu schließen.
KKS ist ihrer Zeit voraus – Die Schulzeit an der „Oberschule für Jungen“ wird auf 8 Jahre verkürzt. Der nahende Krieg fordert seinen Tribut.
Auf dem Schulhof dominieren die dunklen Skimützen und Skihosen der HJ-Uniform.
Der Anti-Semitismus erhält Einzug in die Aufsatzthemen: "Beobachtungen über die Vererbung körperlicher und seelischer Eigenschaften innerhalb meiner Sippe.", „Entspricht die Darstellung Spiegelbergs in Schillers 'Räubern' unserer heutigen Anschauung von der jüdischen Rasse?" oder "Welche Teile von Grimms 'Volk ohne Raum' haben den tiefsten Eindruck auf Sie gemacht?"
Die Veranstaltungen sind getarnte Wehr- bzw. Kriegswerbung: "staatspolitischer Film 'Wer will unter die Soldaten?'", ein Wehrvortrag in der Aula zur Werbung über den Offiziersberuf, Pausenkonzert der Luftwaffe auf dem Schulhof etc.
Heeresdienst von 26 Lehrern hat massiven Unterrichtsausfall zur Folge.
"Kälteferien" wegen 'Kohlenot' vom 06. - 14. Januar 1940
Junge Männer wechseln von der Schulbank in die Wehrmacht, der Unterricht konnte kaum noch aufrechterhalten werden. Eine Kooperation mit der Mädchenschule AVS wird vereinbart.
137 Schüler der Sexta bis Untertertia werden 1943 in weniger vom Luftkrieg bedrohte Gebiete Deutschlands verschickt und von 4 Lehrkräften begleitet.
Auszug aus einer Rede des Schulleiters Direktor Mähl anlässlich der Entlassung von Marineflakhelfern: "Es ist ganz gewiß ein das Herz tiefbewegender Gedanke, daß in diesem Augenblick soviel junges Blut, Knaben zu allermeist, uns verläßt, um als Flakhelfer einzurücken in die Wehrmacht."
Im Januar 1945 wird die KKS von der Wehrmacht zum Lazarett umfunktioniert.
Am 04. Mai 1945 fahren englische Panzer vor dem Itzehoer Rathaus auf. Bürgermeister Petersen muss die Stadt übergeben. Öffentlicher Unterricht wird von der Besatzungsmacht strengstens untersagt.
130 KKS-Lehrer und Schüler fallen im Krieg
Auszüge aus dem Buch Emil Janss (1853 – 1941), Zeitbilder, Hrsg. Vereinigung ehemaliger Kaiser-Karl-Schüler e. V., 2016, Kapitel „Schule“
Die Schulverhältnisse in Itzehoe waren bis zu meinem 13. Jahre unerfreulich. Da war die 4-5 klassige “Bürgerschule” mit einem theolog. Rektor, entstanden aus der alten Lateinschule, in der Schulstraße zwischen Markt und Schweinsbrücke in einem schlechten Gebäude mit Volksschulunterricht, und die 4-5-klassige Mädchenschule am Gerberhof beim Palais der Prinzessin, an der die 3 genannten Kirchenbauten standen. (S. 69)
Weitere Informationen findet man hier
Im Januar 1945 wird die Schule von der Wehrmacht zum Lazarett umfunktioniert. Unter Anderem werden verwundete russische Soldaten versorgt, die in der sog. Wlassow-Armee auf Seiten der Wehrmacht kämpften.
Der Kieler Künstler Benjamin Mastaglio gestaltet die beiden Treppenhäuser des Altbaus neu (Foto: LFD Sönke Wurr). Mehr dazu auf der KKS-Website
Aufruf des Arbeiter- und Soldatenrats am 7.Nov. in Kiel:„Die politische Macht ist in unserer Hand.“
Mehr dazu unter Matrosenaufstand.
Quelle: Archiv der KKS. Um das Bild zu vergrößern, auf das Bild klicken.
Ab Oktober 1940 wurden Schulkinder sowie Mütter mit Kleinkindern aus den vom Luftkrieg bedrohten deutschen Städten längerfristig in weniger gefährdeten Gebieten untergebracht.
Wegen "Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen" wird per Gesetz vom 25.4.1933 die Zugang zur Höheren Schule begrenzt, um ein "Überangebot an akademischen Kräften" zu verhindern. Von der Beschränkung sind vor allem "nicht arische" Kinder betroffen. Der Anteil jüdischer Schüler wird auf 1,5% begrenzt.
Siehe auch Schreiben vom 12.4.1934 vom preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, Quelle: Archiv der KKS
Auf Grund der während des 1. Weltkrieges gegen das Reich verhängten Seeblockade ist die Papierindustrie nicht mehr in der Lage, ausreichend tintenfestes Schreibpapier herzustellen.
Siehe Schreiben vom 17.5.1916 vom Ministerium für geistliche und Unterrichtsangelegenheiten, Quelle: Archiv der KKS
und das Schreiben vom 25.7.1916 vom Ministerium für geistliche und Unterrichtsangelegenheiten, Ankündigung von 'Kriegstinte', Quelle: Archiv der KKS
Die Unterrichtsversorgung wird zu einem Problem. Der Unterricht kann nur noch notdürftig aufrecht erhalten werden.
Siehe Schreiben vom 3.8.1914 des Provinzial-Schul-Kollegiums der Provinz Schleswig-Holstein, Quelle: Archiv der KKS
Durch den kriegsbedingten Lehrermangel und den damit verbundenen Unterrichtsausfall sowie durch die materiellen und seelischen Belastungen der Familien durch den Krieg sieht sich die Ministerium genötigt, die Bedingungen für die Versetzung der Schüler abzumildern.
Siehe Schreiben vom 29.1.1915 des Provinzial-Schul-Kollegiums der Provinz Schleswig-Holstein, Quelle: Archiv der KKS
Siehe Schreiben vom 18.3.1933 der KKS an Provinzial-Schul-Kollegium Schleswig, Quelle: Archiv der KKS
Siehe Lektüreplan für die unterschiedlichen Fächer, Quelle: Archiv der KKS
Mädchen konnten nur mit Schwierigkeiten an der KKS zur Schule gehen.
Siehe Auszug aus 'Deutsche Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung', Quelle: Archiv der KKS
Das Blatt 'Deutsche Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung' diente zur Veröffentlichung der preußischen Erlasse. (Digitalisiert unter:http://www.bbf.dipf.de/cgi-opac/catalog.pl?t_digishow=x&zid=2a2547)
Jüdische Mädchen werden zusätzlich diskriminiert.(Erlass vom 24.4.1939 (Quelle: Archiv KKS)
Nach den Novemberpogromen 1938 wurden Juden vom Unterricht an staatlichen Schulen per Erlass vom 21.11.38 in SH ausgeschlossen.
Am 21.12.1938 werden die entsprechenden Richtlinien vom Oberpräsidenten der Provinz Schleswig-Holstein erlassen.
Siehe Schreiben des Oberpräsidenten als Nachgang zum Erlass.
Die Jahresberichte, adressiert in erster Linie an die Eltern, erschienen vor Ende des Schuljahres (Ostern).
Siehe Schreiben des Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten